Vorbilder – The Struggle Is Real, Part 2

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Der Weg zu ambitionierten Zielen ist selten geradlinig. Trotzdem kommt es vor, dass man sich selbst dabei ertappt, wie man seinen eigenen Weg in Frage stellt, sobald die ersten größeren Hindernisse auftauchen und der „Struggle“ beginnt. Einige Tipps zum Umgang mit diesem „Struggle“ und zwei Athleten, deren Karriereverläufe dazu inspirieren Herausforderungen anzunehmen, befinden sich bereits im ersten Teil dieses Artikels, den wir dir vor dem Weiterlesen wärmstens empfehlen:

Vorbilder – The Struggle Is Real

Bereits gelesen? Dann geht’s weiter mit unseren nächsten Vorbildern, deren Wege in die Weltspitze ebenso mit Hürden gespickt waren und erst über größere Umwege ans ersehnte Ziel führten.

 

Lisa Hauser

Ihren größten Erfolg feierte sie im Februar 2021 in Pokljuka mit dem Weltmeistertitel im Massenstart. Eine Goldmedaille für die Geschichtsbücher, da ihr im Biathlon als erste Österreicherin dieses Kunststück glückte. Darüber hinaus gewann sie in Pokljuka zwei weitere Medaillen in der Verfolgung und in der Mixed-Staffel, jeweils in Silber. Und auch die Kugel im Einzelweltcup holte sich Hauser, punktgleich mit der Italienierin Dorothea Wierer. Auch dies war vor Lisa Hauser noch keiner österreichischen Athletin gelungen.

Diese unglaublichen sportlichen Erfolge sind umso bemerkenswerter, da Hauser erst im Jänner 2021 ihre ersten Podestplatzierungen und ihren ersten Weltcupsieg im Einzelrennen feiern konnte. Diese Wahnsinnssaison ist der Höhepunkt einer Karriere, die bereits durch einige Höhen und Tiefen geprägt wurde.

Erst im Alter von 17 Jahren entschloss sich Hauser für den Wechsel vom Langlauf- in den Biathlonsport. Ein Wechsel, der sich bereits in den ersten Jahren in Form von mehreren Medaillen bei den Juniorenweltmeisterschaften und Titelgewinnen bei den Österreichischen Meisterschaften bezahlt machte.

In ihrem ersten Einzelrennen im Weltcup, in der Saison 2013/2014, erreichte sie den 33. Platz. In den folgenden Saisonen konnte sie sich, vor allem durch hervorragende Schießleistungen konstant verbessern und in der Saison 2015/2016 gelangen ihr erstmals Platzierungen in den Top 10 und die Erwartungshaltung für die Heim-Weltmeisterschaft 2017 in Hochfilzen wuchs.

Am Rande sei erwähnt, dass sich Hauser bei einem Weltcup-Rennen Anfang des Jahres 2017 durch besondere Fairness auszeichnete, da sie nach einem Stockbruch einer Konkurrentin selbstlos ihren eigenen Skistock überreichte. Diese Selbstlosigkeit brachte ihr auch über die Grenzen Österreichs hinaus sehr viel Anerkennung. Einen kurzen Beitrag dazu gibt es hier nachzusehen:

https://www.youtube.com/watch?v=Q-OU_gKLahs

Nachdem die Wettkampfsaison ansonsten bis Jänner 2017 mit weiteren Leistungssteigerungen Hausers sehr vielversprechend verlaufen war, lief es für sie bei der Weltmeisterschaft ganz und gar nicht nach Plan und Hauser musste, nachdem sie in allen Bewerben ihr ersehntes Ziel, die Top-10, bei weitem verfehlt hatte, enttäuscht wieder abreisen.

Von diesem herben Rückschlag zeigte sie sich jedoch bereits ein paar Wochen später gut erholt, und sie gewann ihr erstes Weltcuprennen in der Staffel, gemeinsam mit Simon Eder. An diesem Erfolg konnte sie in der kommenden Saison anschließen und hoffte auf ein gutes Abschneiden bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang. Doch auch dieses Großevent verlief für sie mit den Plätzen 41 und 62 enttäuschend.

Nach konstant guten Ergebnissen in der folgenden Saison passierte ihr darüber hinaus bei der Weltmeisterschaft in Östersund ein sehr spezielles Missgeschick. Sie traf im Sprintbewerb zwar alle zehn Scheiben, beim zweiten Schießen traf sie jedoch nicht die eigenen Scheiben, sondern zielte versehentlich auf die Scheiben der daneben liegenden Bahn. Statt einem Spitzenergebnis erreichte sie durch diesen folgenschweren Fehler nur den 70. Platz, da sie dadurch 5 Strafrunden kassierte.

Von diesem Rückschlag erholte sie sich jedoch recht schnell, denn sie konnte wenige Tage später mit dem 7. Platz im 15-Kilometer-Rennen ihr bisher größtes Erfolgserlebnis bei Weltmeisterschaften feiern.

Nach weiterer harter Arbeit im Training gelang ihr dann nach 10 Jahren im Biathlonsport ihr großer Durchbruch in der Erfolgssaison 2020/2021 mit den Erfolgen im Weltcup und dem historischen Weltmeistertitel. Hochverdiente Highlights ihrer Karriere, nachdem sie sich nach Niederlagen immer wieder aufgerappelt und neu motiviert hat. Sie selbst sagte in einem Interview von LAOLA1: „Vielleicht bin ich der Typ: Nach einem Rückschlag erst recht!“

Außerdem war Hauser nach eigener Aussage in ihrer Jugend Hermann-Maier-Fan, was uns direkt zum letzten Vorbild dieses Artikels führt.

 
Hermann Maier
Der Herminator.

Ein Leuchtfeuer unter Österreichs erfolgreichsten Sportlern. Hermann Maier hat einen Wiedererkennungswert wie kaum ein anderer Athlet. Sein kämpferisches Naturell brachte ihn durch langwierige Startschwierigkeiten am Anfang seiner Laufbahn als Leistungssportler, sowie in späterer Folge durch einen heftigen Schicksalsschlag, den er nur mit sehr viel Kämpferherz überwinden konnte.

54 Weltcupsiege, 4 Gesamtweltcupsiege, 3 Weltmeistertitel, 2 Goldmedaillen bei Olympischen Spielen.

Diese unglaubliche Karriere wäre um ein Haar bereits in Maiers Jugend erloschen, bevor sie angefangen hätte. Die verkrusteten Strukturen im Österreichischen Skiverband machten dem späteren Seriensieger damals das Leben äußerst schwer.

Der junge Maier hatte im Skiinternat in Schladming mit schmerzhaften Knieproblemen (Morbus Schlatter), Sehnsucht nach zu Hause und vor allem mit seiner schmächtigen Statur zu kämpfen. Als Spätentwickler hatte er mit 15 Jahren unter 50kg, was für ihn ein Problem in seiner Sportart darstellte, da ihn Kippstangen, im Vergleich mit anderen, schwereren Skirennläufern aus seinem Jahrgang, deutlich einbremsten und dies in schlechteren Laufzeiten resultierte. Die Trainer aus der Skihandelsschule sahen ihn ihm keine Zukunft und er wurde beinhart aussortiert. Auch der Zugang zu den in seiner Altersklasse wichtigen FIS-Rennen wurde ihm dadurch verwehrt und er musste sich neu orientieren. Den Neuanfang fand er schließlich in einer Maurerlehre. Doch so schnell gab er seinen Traum des Skirennfahrens nicht auf. Neben seinem Fulltime-Job als Maurer trainierte er unermüdlich alleine weiter, und seine körperliche Physis passte sich nach und nach an.

Das nächste anfangs unüberwindbar scheinende Hindernis für Maier war, dass ihn der ÖSV-Kader mit 17 Jahren nicht mehr aufnehmen wollte, weil er nun zu alt sei. Da er ohne diese Kaderzugehörigkeit jedoch zumindest bei Landesmeisterschaften starten konnte erarbeitete er sich über dortige Siege, und einem guten Ergebnis trotz katastrophaler Startnummer bei der Österreichischen Meisterschaft schlussendlich eine Aufnahme zum Salzburger Landesverband. Endlich konnte er in FIS-Rennen starten und nach weiteren Erfolgen sagte er seinem Chef auf der Baustelle, dass er es noch einmal Vollzeit als Rennläufer probieren will. Der ÖSV stellte ihm am Anfang nicht einmal einen Rennanzug, da sie immer noch nicht von seinen Qualitäten überzeugt waren.

Über den Sieg der Gesamtwertung im Europacup schaffte er jedoch letztendlich den Sprung in den Weltcup-Zirkus, fuhr im Februar 1996 im Riesentorlauf in Hinterstoder sein erstes Weltcup-Rennen und belegte Platz 26.

Doch auch dieser Anfang sollte nicht einfach bleiben. Nach eher durchwachsenen Leistungen in weiteren Riesentorläufen brach sich Maier bei seiner ersten Abfahrt den Arm, als er bereits nach 12 Fahrsekunden schwer zu Sturz kam.

Auch davon ließ sich Maier jedoch nicht beeindrucken und feierte 6 Wochen später in seinem zweiten Super-G mit einem 2. Platz sein erstes Podest im Weltcup – noch mit Schiene am verletzten Arm. Schon zwei Tage später stand er, ebenso bei einem Super-G in Garmisch, zum ersten Mal ganz oben auf dem Treppchen.

Vor den Olympischen Spielen in Nagano 1998 fuhr Maier die Konkurrenz in Grund und Boden und feierte 7 Siege innerhalb eines Monats. Endlich belohnte er sich für das jahrelange harte Training, das seine körperliche Verfassung mittlerweile ein Level über die seiner Konkurrenten gehoben hatte. Damit wurde er zum absoluten Topfavoriten für die Rennen in Nagano.

Sein Jahrhundert-Sturz im ersten Bewerb, der Olympia-Abfahrt, ist TV-Geschichte. Wie durch ein Wunder überstand Maier den Sturz fast unbeschadet und krönte sich trotz Prellungen und Blutergüssen drei Tage später zum Super-G Olympiasieger. Weitere drei Tage später gewann er als Draufgabe noch den Riesentorlauf. Der „Herminator“ war geboren und Maier hatte bereits zu diesem Zeitpunkt den Mythos des Unbesiegbaren.

Danach fuhr er weiter von Sieg zu Sieg, bis 2001 ein Schicksalsschlag nicht nur seine weitere sportliche Karriere bedrohte. Bei einem Motorradunfall verletzte sich Maier schwer. Er schwebte kurzzeitig sogar in Lebensgefahr und eine Amputation des rechten Unterschenkels drohte. In einer siebenstündigen Operation konnten die Ärzte jedoch das Bein retten. Ob Maier jemals wieder Skifahren könne, stand aber schwer im Zweifel.

Doch auch damals trotzte Maier wieder allen widrigen Umständen, biss sich mit seinem eisernen Willen durch eine oft frustrierende und über weite Strecken sehr schmerzvolle Zeit seines Lebens, und feierte schließlich nach 17 Monaten sein Comeback im Weltcup.

Im Riesentorlauf verpasste er nur durch fünf Hundertstelsekunden die Qualifikation für den zweiten Durchgang. Unglaubliche 13 Tage nach seiner Rückkehr in den Weltcup feierte er auf seiner Lieblingsstrecke, der Streif in Kitzbühel, in seiner Paradedisziplin Super-G seinen ersten Sieg nach dem Comeback und insgesamt 42. Weltcupsieg seiner Karriere und wurde beim Siegerinterview von seinen Emotionen übermannt.

In weiterer Folge fand er zu alter Form zurück, gewann noch über 10 Weltcup-Rennen und konnte in der Saison 2003/2004 noch einmal den Gesamtweltcup für sich entscheiden.

Wer sich noch einmal die Highlights dieser unvergleichbaren Karriere zu Gemüte führen will, dem empfehlen wir diese ORF-Dokumentation:

https://www.youtube.com/watch?v=FHm31A4v8vg

 

Was kann man sich von diesen beeindruckenden kämpferischen Leistungen abschauen?

Oft fragt man sich, weshalb gewisse Dinge im Leben nicht leicht von der Hand gehen. Denkt in schwierigen Situationen, dass man benachteiligt ist, sich alles gegen einen verschworen hat und die eigenen Chancen auf Erfolg zu gering sind. Man bemitleidet sich selbst und glaubt, dass es bei allen anderen besser läuft. Sieht nur deren Erfolge und nicht deren „Struggle“.

Aber warum sollte es in deinem Leben anders sein, warum sollte es dir leichtfallen, wenn sich auch sportliche Vorbilder auf allerhöchstem Niveau ungemein schwergetan haben ihre Ziele zu erreichen und sich am Weg dorthin immer wieder durch zahlreiche heikle Umstände und Herausforderungen kämpfen mussten?

 

Frag‘ dich selbst, wie viele wirklich erstrebenswerte Dinge es im Leben gibt, die leicht zu erreichen sind. Gerade der schwierige Weg zu Zielen macht diese erst kostbar. Wichtig ist, dass man mit der richtigen Einstellung an kraftzehrende Aufgaben herangeht. Dass man diesen Kampf annimmt und nicht frühzeitig das Handtuch wirft. Nur dann entstehen Gelegenheiten, durch die die eigenen Träume wahr werden können.

 

FAZIT TEIL 2
Schau bei anderen nicht nur auf deren Erfolge, sondern erkenne, dass auch sie ungemein hart für ihre Ziele kämpfen mussten. Nimm den „Struggle“ an, erst dadurch kannst du etwas im Leben erreichen.

 

Autor:

Christoph Schwaiger, BSc

Sportwissenschafter, Master Personal Trainer, Dipl. Gesundheitstrainer, Staatlicher Trainer für Athletik, Fitness und Koordination

Trainerjahre: 6

Trainingsjahre: 10

Sportarten: Fitness- und Kraftsport, Freeriden, Skitouren, Bergwandern, Klettersteig, Tennis, Hindernisläufe (Spartan Race, Xletix, etc.)

Motto: Athleten ohne Trainingsplan verirren sich auf dem Weg zu ihrem Ziel.

Da Kroftstodl ist für mich… eines der spannendsten Projekte in Europas Fitnesslandschaft.