Es ist passiert… du hast dich verletzt… und wos jetzt?
Vorab: falls eine Verletzung oder ein Schmerz vorliegt, welche sich nicht innerhalb einiger Stunden oder weniger Tage von selbst löst, dann sollte man auf jeden Fall den Besuch beim Arzt in Erwägung ziehen, um abzuklären, welche weiteren Schritte sinnvoll sind.
Ein guter Anfangspunkt und Richtwert ist ein Akronym, welches 2020 von Dubois B. und Esculier J. etabliert wurde: PEACE and LOVE, also Ruhe und Liebe. Der ganze Titel des Artikels heißt: Weichteilverletzungen brauchen lediglich Ruhe und Liebe. Die einzelnen Aspekte des Acronyms lauten:
P für Protection, also Schutz vor Bewegungen, welche den Schmerz in den ersten Tagen nach der Verletzung verschlimmern.
E für Elevation, also die Verletzte Struktur hochlagern so oft es geht.
A für Avoid Anti-Inflammatories, also das Vermeiden von Entzündungshemmenden Medikamenten.
C für Compression, also das Komprimieren des Verletzten Gewebes, um die Schwellung zu verringern.
E für Education, also die Aufklärung über das aktuelle Geschehen. (PEACE)
L für Load, also Beladen, man soll den Schmerz als Orientierung zum langsamen Steigern der Last verwenden.
O für Optimism – eine negative Einstellung hilft niemandem weiter.
V für Vaskularisation, also den Blutfluss im betroffenen Gewebe anregen.
E für Exercise, in Bezug darauf die vor der Verletzung bestehenden Fähigkeiten des Gewebes und des umgebenden Systems wieder herzustellen. (LOVE)
Was können wir uns aus dieser kurzen Zusammenfassung mitnehmen?
Anfangs nach Verletzungen ist wichtig, dass wir den Verletzten Strukturen ausreichend Ruhephase einräumen. In der Regel sollte die Akute Phase, in der wir wirklich nur Ruhe haben nicht länger als zwei bis fünf Tage dauern.
Danach sollten wir langsam damit beginnen die Struktur wieder zu beladen. Dabei ist nicht wichtig wie “schlecht” oder “gut” der Ausgangspunkt ist, es geht nur darum, dass man langsam wieder damit beginnt das Gewebe einem leichten (!) Reiz auszusetzen. Bei einer Verletzung der Oberschenkelvorderseite kann es zum Beispiel sein, dass Kniebeugen nach 2-5 Tagen Ruhe noch zu viel sind, da kann es sich anbieten beispielsweise mit dem Ergometer etwas zu fahren und dadurch eine adäquate Belastung für den Oberschenkel zu erzielen.
Eine Steigerung sollte dann nach und nach erst in den darauffolgenden Einheiten folgen. Ein gerade psychologisch sehr wertvoller Tipp ist hier eher kontinuierliche kleine Steigerungen gegenüber großen Sprunghaften Steigerungen zu präferieren. Es macht z.B. mehr Sinn von Einheit zu Einheit je 2.5kg zu steigern, als nach vier Einheiten auf einmal 10kg zu steigern.
Beim Beladen der Struktur gilt: keine Angst vorm Schmerz haben, diesen aber als Richtwert für die Belastung, die gesetzt wird, nehmen. Ganz wichtig ist, dass wenn ein Schmerz auftritt und von Wiederholung zu Wiederholung zunimmt und auch nach der Belastung längere Zeit nicht wieder weg geht, dann ist es noch zu früh für diese Belastung. Die Konsequenz daraus ist in den meisten Fällen nicht wieder nach Hause zu gehen und noch drei Wochen zu warten, sondern eine Übung oder ein Gewicht zu suchen, bei welchem der Schmerz nicht nach und nach schlechter wird und auch danach noch anhält. Man kann wie oben schon erwähnt eine Kniebeuge durch lockeres Radfahren ersetzen für den Anfang und dann nach und versuchen sicher wieder zur Kniebeuge hinzuarbeiten über die nächsten Tage/Wochen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch noch die Einstellung zur eigenen Verletzung egal wie anstrengend oder frustrierend. Es ist wichtig mit einer möglichst positiven Attitüde weiter voranzugehen und sich auf den Rehabilitationsprozess einzulassen. Es ist nicht hilfreich sich selbst für lange Zeit nur zu bemitleiden und nichts für sein Wieder-gesund-Werden zu tun. In den ersten ein zwei Tagen ist das legitim und in Ordnung und natürlich auch vollkommen verständlich, danach sollte man damit aber abschließen und weiter nach vorne schauen und auf all die Punkte achten, die man jetzt beeinflussen kann.
Eine Hilfsperson von außen, sei es der Arzt, der Physiotherapeut oder ein erfahrener Trainer kann bei diesem Prozess sehr hilfreich sein, da einem damit jemand zur Seite steht, der an die Verletzung nicht emotional gebunden ist und somit weniger stark voreingenommene Entscheidungen treffen kann.
FAZIT:
Wenn sich die Verletzung oder der Schmerz nicht in kurzer Zeit von selbst lösen unbedingt einen Arzt aufsuchen und dort weitere Schritte besprechen zum Beispiel ob Physiotherapie Sinn machen würde. Damit hätte man jemanden der einen auf dem Genesungsweg begleiten kann.
Dann ist es bei Verletzungen wichtig, dass der Körper Ruhe und Frieden bekommt, also anfangs die betroffene Struktur entlasten und nach wenigen Tagen beginnen diese wieder langsam zu belasten und wieder zu durchbluten. Wichtig ist, dass der wiedereinstieg leicht genug gestaltet wird und dann eine progressive Steigerung der Belastung stattfinden kann und dass man nicht versucht genau dort wieder weiterzumachen wo man vor der Verletzung aufgehört hat.
AUTOR: Paul Egger, Kroftstodl-Trainer & Weltmeister
Quelle: Dubois B, Esculier J. Soft-tissue injuries simply need PEACE and LOVE. British Journal of Sports Medicine 2020;54:72-73.