Im letzten Beitrag zum Thema Verletzungen haben wir erfahren, wie es zu diesen kommen kann. Nun wollen wir aber wissen, wie wir diese bestmöglich in unserem Training vermeiden können.
Stressmanagement
Der vermutlich wichtigste Punkt, den jeder Sportler beachten sollte, ist das Stressmanagement. Stress bezogen auf das Training. Wie viel Sätze, Wiederholungen, Gewicht, … mache ich pro Woche, pro Einheit, pro Übung, ….
Dabei ist keine der genannten Kenngrößen ohne Kontext aussagekräftig. Eine Aussage, dass 10 Sätze Kniebeugen pro Training schädlich sind, kann nicht pauschal getätigt werden. Genauso umgekehrt kann man auch nicht behaupten 10 Sätze Kniebeugen pro Training seien ungefährlich. Wenn man keinen weiteren Kontext gegeben hat, kann man diese Aussage nicht argumentieren.
Dokumentation
Wie auch im letzten Blogbeitrag zu dem Thema möchten wir noch einmal den Punkt hervorheben, dass die Veränderung des Stresslevels einen riesigen Einfluss auf die Dauer des verletzungsfreien Draufgehens hat.
Für die meisten Sportler (eigentlich alle) macht es Sinn, eine Mitschrift über ihr eigenes Training zu führen und zu dokumentieren wie viel Sätze und Wiederholungen sie bei welcher Übung an welchem Tag machen. Mit dieser Dokumentation kann ich bestimmen wie sich mein weiteres Training verändern kann. Natürlich muss ich anfangs einen Ausgangswert finden, hier gilt schlicht und einfach: lieber ein bisschen vorsichtiger sein und steigern, als zu aggressiv starten und reduzieren müssen.
Wenn man also seinen Trainingsstress mitdokumentiert in Form eines Trainingstagebuchs hat man einen Richtwert, an den man sich halten kann. Als grobe Faustregel kann man sagen, dass der Trainingsstress pro Woche nicht um mehr als 10% steigen soll. In den meisten Fällen ist eine solch große Steigerung pro Woche auch gar nicht nötig.
Wenn man also in einer Woche 10 Sätze Kniebeugen absolviert, sollte man in der darauffolgenden Woche nicht mehr als 11 Sätze absolvieren, um dieser Regel gerecht zu werden. Wenn ich aber das Gewicht steigern möchte und bei den 10 Sätzen 110kg statt 100kg verwenden möchte in der zweiten Woche, dann sollte ich die Satzzahl gleich lassen.
Deloads planen
Ein weiterer Punkt zum Thema Stressmanagement sind Deloads – also bewusst leichter gestaltete Trainingsphasen (Thema Deloads siehe: https://www.kroftstodl.at/2020/07/26/deload/ ). Deloads oder auch Pivots/Washouts genannt können uns dazu dienen einen höheren Trainingsstress zu erdulden, da wir an eine Periode des hohen Stresses eine Periode mit niedrigerem Stress anknüpfen. Beispielsweise kann man nach vier Wochen Training einen Deload einplanen, bei dem man bewusst den Trainingsstress reduziert. Man macht dann zum Beispiel statt 10 Sätzen Kniebeugen mit 110kg nur 7 Sätze mit 90kg, dieses Gewicht mit dem niedrigeren Umfang erlaubt es meinem Körper sich besser zu erholen, dass ich mich auch von Phasen des (zu) hohen Stresses erholen kann.
Es macht durchaus Sinn Deloads proaktiv in das Training einzuplanen und einen Zeitpunkt festzulegen, wann dieser stattfinden soll. Erfahrungsgemäß ist eine Woche Deload nach drei bis sechs Wochen Training empfehlenswert. Wann genau diese leichtere Woche allerdings stattfinden sollte basiert hauptsächlich auf Erfahrung und der Kenntnis des eigenen Körpers.
Technik vs. Planung
Neben dem Stressmanagement in Puncto Trainingsplanung ist auch noch wichtig den Trainingsstress über die Übungsausführung zu beurteilen. Wenn eine Übung mit vermeintlich schlechter Technik ausgeführt wird, kann es natürlich zu Mehrbelastungen gewisser Strukturen kommen. Man sollte also stets versuchen die Technik so zu optimieren, dass diese für den Körper bestmöglich funktioniert und dadurch ein schmerz- und verletzungsfreies Training ermöglicht wird.
Beispielsweise wenn beim Bankdrücken Schmerzen in der Schulter entstehen, diese aber reduziert werden können durch technische Adaptionen, sollte man diese Adaptionen natürlich im Training übernehmen. Die Frage, welche sich hier allerdings stellt, ist auf jeden Fall jene, ob der Schmerz auch mit einer Adaption der Trainingsplanung also zum Beispiel einer Reduktion des Trainingsumfangs verbessert werden hätte können.
Es gilt immer abzuwägen, was die eigentliche Ursache hinter dem Problem ist. Auch mit perfekter Technik, aber schlechter Trainingsplanung (und eben umgekehrt) können Probleme hervorgerufen werden.
Übungen austauschen
Abseits von den bereits angesprochenen Faktoren können wir durch ein regelmäßiges Abwandeln unserer Übungsauswahl, also das Austauschen von einigen Übungen zumindest nach sechs bis acht Wochen ähnlich wie mit einem Deload eine Reduktion der Belastung auf gewisse Strukturen herbeiführen.
Ständig exakt gleiche Belastungen können auf Dauer nämlich auch einen erhöhten Stress für unseren Körper darstellen. Wichtig ist jedoch zu beachten, dass andere Übungen auch anderen Stress verursachen. So kann ich schwer drei Sätze Beinstrecken in der Woche gegen drei Sätze Kniebeugen in der Woche austauschen und erwarten, dass der Trainingsstress dabei gleich hoch bleibt. Hier geht es viel um eigene Erfahrungswerte und es bietet sich an, nicht auf einen Schlag alle Übungen im Plan auszutauschen.
Schlaf Kindlein Schlaf…
Ausreichend zu schlafen, bietet uns die Möglichkeit uns vom Training zu erholen und das ausgeführte Training besser wegzustecken. Es gibt verschiedene Arbeiten zu diesem Thema und die Verletzungshäufigkeit ist bei rund neun Stunden pro Nacht am geringsten, da das aber nicht für jeden möglich ist empfiehlt es sich das Training so gut es geht an den Alltagsstress anzupassen.
Eine Kombination aus Prüfungsphase an der Universität oder einem anstrengenden Projekt in der Arbeit, welches möglicherweise beides mit weniger Zeit zum Schlafen einhergeht und gleichzeitig sehr intensiven Training ist keine gute Idee. Hier bietet es sich an einen Deload gezielt in einer solchen Phase einzuplanen, dieser kann dann im Bedarfsfall auch mehr als eine Woche lang dauern.
Neben dem Schlaf ist auch die Zeit zwischen zwei Trainingseinheiten wichtig, wie lange habe ich zwischen zwei Einheiten Kniebeugen Zeit, um mich zu erholen. Im Regelfall empfiehlt es sich hier zumindest 48 Stunden Pause zu haben.
Erkenne die Zeichen
Zu guter Letzt gilt noch: auf die Signale und Zeichen des Körpers hören. Oft schaffen wir es nicht alles ideal zu meistern und dann wird uns das Training zu viel. Aber unser Körper muss nicht gleich mit Verletzungen reagieren und tut dies im Regelfall auch nicht.
Meistens werden wir vorgewarnt und es stellen sich kleine Wehwehchen ein. Irgendwelche Bewegungen Schmerzen etwas, es zwickt irgendwo, oder wir sind einfach nur die ganze Zeit müde. Auch in solchen Phasen bietet es sich wieder sehr gut an, einen Deload vorzuziehen und damit adäquat auf diese Signale unseres Körpers zu achten.
FAZIT: Zusammengefasst sollten wir also unser Training mitdokumentieren und versuchen den Trainingsstress nicht zu schnell zu steigern. Wir sollten versuchen proaktiv Deloads einzuplanen und diese im Bedarfsfall vorzuziehen. So geben wir unserem Körper genug Zeit sich von den einzelnen Trainingseinheiten zu erholen.
Bei der Übungsausführung sollten wir versuchen den Trainingsstress optimal zu koordinieren. Dass das oft leichter gesagt als getan ist, ist uns allen bewusst, aber wenn wir uns einiger der Variablen bewusst sind und unser Bestes geben, diese optimal zu gestalten, sind wir meist schon auf einem guten Weg.
AUTOR: Paul Egger, Kroftstodl-Trainer & Weltmeister